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Rechtsverordnung über die Benutzung kirchlichen Archivguts (Archivbenutzungsordnung)

Vom 12. Oktober 2001 (KABl. S. 167); erstreckt auf das Gebiet der ehemaligen EKsOL und geändert durch Rechtsverordnung vom 27. November 2009
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KABl. S. 215), geändert durch Rechtsverordnung vom 17. Dezember 2021

(KABl. 2022 Nr. 73 S. 82)

Die Kirchenleitung hat aufgrund von § 13 des Kirchengesetzes zur Sicherung und Nutzung von kirchlichem Archivgut in der Evangelischen Kirche der Union (Archivgesetz – ArchG) vom 6. Mai 2000 (KABl. 2001 S. 51) und von § 7 des Kirchengesetzes zur Einführung des Kirchengesetzes zur Sicherung und Nutzung von kirchlichem Archivgut in der Evangelischen Kirche der Union (Archivgesetz – ArchG) vom 17. November 2000 (KABl. 2001 S. 54) folgende Rechtsverordnung beschlossen:
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§ 1
Geltungsbereich

Diese Archivbenutzungsordnung gilt für alle kirchlichen Stellen im Sinne von § 1 Archivgesetz, die kirchliches Archivgut im Sinne von § 2 Archivgesetz verwalten.
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§ 2
Benutzungsregelung des Archivgesetzes und des Einführungsgesetzes

( 1 ) Für die Benutzung kirchlichen Archivguts gelten die Bestimmungen des Archivgesetzes über
  • die Benutzung durch die abgebenden Stellen (§ 5 ArchG),
  • die Grundsätze der Benutzung durch Dritte (§ 6 ArchG),
  • die Schutzfristen (§ 7 ArchG),
  • Regelungen zur Einschränkung und Versagung der Benutzung (§ 8 ArchG),
  • Rechtsansprüche von Personen, über die im Archivgut Daten enthalten sind (§ 9 ArchG).
( 2 ) Für die Benutzung gelten außerdem die Bestimmungen des Einführungsgesetzes über
  • die Zuständigkeit für Ausnahmegenehmigungen zur Verkürzung von Schutzfristen (§ 2 Einführungsgesetz),
  • die Zuständigkeit für Entscheidungen über Einschränkungen und Versagungen der Benutzung einschließlich der Beschwerdemöglichkeiten, soweit sie nicht durch das Archivgesetz geregelt sind (§ 3 Einführungsgesetz).
( 3 ) Die Benutzung von Archiven kirchlicher Körperschaften des öffentlichen Rechts begründet ein öffentlich-rechtliches Benutzungsverhältnis.
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§ 3
Benutzungsantrag

( 1 ) Die Benutzung von kirchlichem Archivgut ist schriftlich zu beantragen. Der Antrag muss Name, Vorname und Anschrift der benutzenden Person und ggf. ihres Auftraggebers, Angaben zum Forschungsgegenstand und Benutzungszweck und darüber enthalten, ob und wie die Forschungsergebnisse ausgewertet werden sollen. Benutzende Personen haben sich auf Verlangen jederzeit auszuweisen.
( 2 ) Mit dem Antrag verpfichtet sich die antragstellende Person, die Benutzungsordnung einzuhalten. Zugleich verpflichtet sie sich, bei der Verwertung von Erkenntnissen aus dem kirchlichen Archivgut Persönlichkeits- und Urheberrechte sowie sonstige schutzwürdige Belange Dritter gemäß den Archivgesetzen zu beachten. Im Falle einer Verletzung dieser Rechte und Belange haftet die benutzende Person.
( 3 ) Für jeden Forschungsgegenstand ist ein gesonderter schriftlicher Antrag zu stellen. Dies gilt auch für Änderungen und Erweiterungen.
( 4 ) Wünschen Benutzer andere Personen als Hilfskräfte oder Beauftragte zu ihren Arbeiten heranzuziehen, so ist von diesen jeweils ein besonderer Antrag zu stellen.
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§ 4
Benutzungserlaubnis

( 1 ) Über den Benutzungsantrag entscheidet die Leitung des jeweiligen Archivs oder eine von ihr beauftragte Person. Die Benutzungserlaubnis kann mündlich oder schriftlich erteilt werden.
( 2 ) Die Benutzungserlaubnis kann mit Auflagen und Bedingungen versehen werden. Sie kann auf das laufende Jahr begrenzt werden.
( 3 ) Die Benutzungserlaubnis begründet keinen Anspruch auf Einsicht in Findbücher, Findkarteien und andere Hilfsmittel zur Erschließung von kirchlichem Archivgut.
( 4 ) Die Benutzungserlaubnis kann versagt werden, insbesondere wenn fällige Entgelte nicht entrichtet werden. Die Benutzungserlaubnis ist zu versagen, wenn Schutzfristen oder nach dem Archivgesetz bestehende sonstige zwingende Hindernisse entgegenstehen und eine Ausnahmegenehmigung insoweit nicht erteilt worden ist.
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§ 5
Widerruf der Benutzungserlaubnis

Die Benutzungserlaubnis kann widerrufen werden, wenn
  1. die Angaben im Benutzungsantrag nicht oder nicht mehr zutreffen,
  2. nachträglich Gründe bekannt werden, die zur Versagung geführt hätten,
  3. die Auflagen und Bedingungen nicht erfüllt werden,
  4. die benutzende Person gegen die Benutzungsordnung verstößt.
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§ 6
Benutzung und Reproduktion

( 1 ) Kirchliches Archivgut wird im Regelfall im Original oder als Reproduktion zur Einsichtnahme im Archiv vorgelegt. Sind Reproduktionen von Archivalien vorhanden, besteht kein Anspruch auf die Vorlage der Originale. Zum Schutze des kirchlichen Archivgutes oder zur Wahrung schutzwürdiger Belange Dritter können auch ausschließlich Auskünfte über seinen Inhalt erteilt werden. Über die Art und Weise der Benutzung entscheidet das jeweilige Archiv im Einzelfall.
( 2 ) Reproduktionen können im Rahmen der technischen und personellen Mittel der Archive hergestellt werden, sofern nicht konservatorische Gründe entgegenstehen. Das jeweilige Archiv entscheidet, ob und nach welchem Verfahren Reproduktionen möglich sind.
( 3 ) Ein Anspruch auf die Herstellung von Reproduktionen besteht nicht. Das jeweilige Archiv entscheidet, in welchem Umfang Reproduktionen angefertigt werden. Die Reproduktion von ganzen Akten oder Amtsbüchern ist unzulässig. Über Ausnahmen entscheidet das Landeskirchliche Archiv.
( 4 ) Die ausgehändigten Reproduktionen dürfen nur im Rahmen der Benutzungserlaubnis verwendet und nur mit schriftlicher Zustimmung des jeweiligen Archivs veröffentlicht, reproduziert oder an Dritte weitergegeben werden. Bei Veröffentlichung und Vervielfältigung sind das Archiv und die Archivsignatur des Originals anzugeben.
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§ 7
Benutzung von kirchlichem Archivgut

( 1 ) Eine Benutzung erfolgt nur unter Aufsicht.
( 2 ) Vor der Benutzung von kirchlichem Archivgut sind Überkleidung, Taschen und ähnliches an dem dafür vorgesehenen Platz abzulegen. Während der Benutzung von kirchlichem Archivgut sind Essen, Trinken, Rauchen und Telefonieren untersagt. Auf andere Anwesende ist Rücksicht zu nehmen. Das Abfotografieren von Archivgut ist Benutzerinnen und Benutzern nicht gestattet.
( 3 ) Kirchliches Archivgut ist schriftlich mit den bereitliegenden Bestellzetteln zu bestellen, soweit solche vorhanden sind. Dabei ist auf die vollständige Angabe der Signaturen zu achten.
( 4 ) Kirchliches Archivgut ist sorgfältig und behutsam zu behandeln; alles, was den bestehenden Zustand verändert oder gefährdet, ist zu unterlassen. Insbesondere ist es untersagt, im kirchlichen Archivgut Stellen anzustreichen, zu unterstreichen oder Worte auszustreichen sowie Randbemerkungen oder sonstige Eintragungen vorzunehmen. Über Schäden, Verluste, Unstimmigkeiten oder unrichtige eingefügte Schriftstücke ist die Aufsicht führende Person sofort zu unterrichten.
( 5 ) Technische Hilfsmittel der Archive stehen, soweit der Dienstbetrieb es zulässt, den benutzenden Personen zur Verfügung. Ein Anspruch auf ihre Benutzung besteht nicht. Eigene technische Hilfsmittel dürfen nur mit Genehmigung des jeweiligen Archivs verwendet werden.
( 6 ) Die Leitungen der Archive können bestimmte Bestellzeiten festsetzen, die durch Aushang bekannt gegeben werden. Es besteht kein Anspruch darauf, kirchliches Archivgut in einer bestimmten Zeit oder Reihenfolge zu erhalten. Grundsätzlich wird nur eine begrenzte Anzahl von Archivalieneinheiten gleichzeitig vorgelegt.
( 7 ) Nach Beendigung der Benutzung ist das ausgehändigte kirchliche Archivgut der Aufsicht zurückzugeben. Ist eine weitere Benutzung innerhalb der folgenden zwei Wochen beabsichtigt, kann das kirchliche Archivgut weiter bereitgehalten werden.
( 8 ) Weitere Einzelheiten zur Benutzung können durch die Leitung des jeweiligen Archivs verbindlich festgelegt werden und sind durch Aushang bekannt zu machen.
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§ 8
Ausleihe von kirchlichem Archivgut

( 1 ) Auf die Ausleihe von Archivgut besteht grundsätzlich kein Anspruch. Die Ausleihe ist in der Regel abzulehnen, wenn die Benutzung von Archivalien vor Ort zumutbar ist oder das Archivgut Benutzungsbeschränkungen unterliegt, wegen des hohen Wertes, des Ordnungs- und Erhaltungszustandes, des Formates oder aus anderen konservatorischen oder Sicherheitsgründen nicht zum Versand geeignet ist, häufig benutzt wird oder noch nicht abschließend verzeichnet ist.
( 2 ) Kirchliches Archivgut kann auf begründeten schriftlichen Antrag und mit Zustimmung der Leitung des jeweiligen Archivs zur dienstlichen Benutzung oder zur Benutzung durch Dritte in einem hauptamtlich verwalteten Archiv sowie zu Zwecken der Öffentlichkeitsarbeit, insbesondere für Ausstellungen, ausgeliehen werden. Die Zustimmung zur Ausleihe kann mit Bedingungen, Befristungen und Auflagen versehen werden.
( 3 ) Im Fall der archivischen oder dienstlichen Benutzung des Archivguts muss der Antrag die Verpflichtung der übernehmenden Stelle zur rechtzeitigen Rücksendung, zur sicheren Verwahrung und zur Einhaltung und Durchsetzung der Bestimmungen des Archivgesetzes enthalten.
( 4 ) Über die Ausleihe zu Zwecken der Öffentlichkeitsarbeit ist ein gesonderter schriftlicher Leihvertrag abzuschließen, der der kirchenaufsichtlichen Genehmigung bedarf. Die Versendung erfolgt auf Kosten des Entleihers gegen Empfangsbestätigung. Die Sendung ist vom Entleiher für die gesamte Ausleihzeit entsprechend ihrem Wert, mindestens aber mit 500,– Euro zu versichern.
( 5 ) Das ausgeliehene Archivgut kann aus dienstlichen Gründen jederzeit zurückgefordert werden.
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§ 9
Benutzung von Bibliotheksgut

Für die Benutzung von Bibliotheksgut eines Archivs gelten die Bestimmungen für die Benutzung von kirchlichem Archivgut sinngemäß.
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§ 10
Belegexemplar

Die Benutzenden sind verpflichtet, von einem im Druck, maschinenschriftlich oder in anderer Weise vervielfältigten Werk, das unter wesentlicher Verwendung von Archiv- oder Bibliotheksgut der Archive verfasst oder erstellt worden ist, dem jeweiligen Archiv unaufgefordert und unentgeltlich ein Belegexemplar abzuliefern.
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§ 11
Gebühren und Auslagen

Gebühren und Auslagen für die Inanspruchnahme des jeweiligen Archivs werden nach der Archivgebührenordnung erhoben.
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§ 12
Inkrafttreten

Diese Archivbenutzungsordnung tritt am 1. Januar 2002 in Kraft. Zugleich tritt die Ordnung über die Benutzung kirchlicher Archive im Bereich der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg (Archivbenutzungsordnung) vom 1. 2. 1979 (AM 1979 S. 5) für den Bereich der ehemaligen Region Ost außer Kraft. Darüber hinaus tritt die Benutzungsordnung für kirchliche Archive der Evangelischen Kirche der schlesischen Oberlausitz vom 22. April 2002 (ABl.-EKsOL 1/2002 S. 9) außer Kraft.