.

Rechtsverordnung über die kirchliche Archivpflege (Archivpflegeordnung)

Vom 1. Februar 2002(KABl. S. 19); erstreckt auf das Gebiet der ehemaligen EKsOL und geändert durch Rechtsverordnung vom 27. November 2009

(KABl. S. 216)

Die Kirchenleitung hat aufgrund von § 13 des Kirchengesetzes zur Sicherung und Nutzung von kirchlichem Archivgut in der Evangelischen Kirche der Union (Archivgesetz – ArchG) vom 6. Mai 2000 (KABl. 2001 S. 51) und von § 7 des Kirchengesetzes zur Einführung des Kirchengesetzes zur Sicherung und Nutzung von kirchlichem Archivgut in der Evangelischen Kirche der Union (Archivgesetz – ArchG) vom 17. November 2000 (KABl. 2001 S. 54) folgende Rechtsverordnung beschlossen:
#

I.
Allgemeine Bestimmungen

###

§ 1
Geltungsbereich

Diese Archivpflegeordnung gilt für alle kirchlichen Stellen im Sinne von § 1 Archivgesetz, die kirchliches Archivgut im Sinne von § 2 Archivgesetz verwalten.
#

§ 2
Archivräume

( 1 ) Kirchliches Archivgut ist in besonders dafür geeigneten trockenen, belüftbaren und verschließbaren kirchlichen Räumen unterzubringen, nach Möglichkeit im Pfarr- oder Gemeindehaus. Kirchen sollen nur dann als Standort gewählt werden, wenn der Archivraum besonders gesichert und eine Kontrolle des Zugangs gewährleistet ist. Auf die Tragfähigkeit der Decken (Normallast: 500 kg/qm) ist zu achten.
( 2 ) Eine Unterbringung in Dachgeschossen oder in Kellern ist nur dann zulässig, wenn das Archivgut dort nicht schnellem Klimawechsel, erhöhter Brandgefahr oder zu hoher Feuchtigkeit ausgesetzt ist.
( 3 ) Archivräume sind gegen Einbrüche und Feuer durch feuerhemmende Türen mit Sicherheitsschloss, durch ausreichende Wandstärken und Vergitterung von Fenstern zu sichern.
( 4 ) Die elektrische Anlage soll eine Abschaltung außerhalb des Archivraums ermöglichen. Im Archivraum und dem darüber gelegenen Raum soll sich keine Wasserleitung befinden. Von Heizkörpern zum Archivgut ist ein Abstand von mindestens einem Meter einzuhalten. Öfen oder Elektrostrahler sind nicht zulässig. Fußböden sollen nicht mit brennbarem Material belegt sein. Die Wände sind nicht zu tapezieren. Feuerlöscher sind in erreichbarer Nähe anzubringen. Offenes Feuer und Rauchen im Archivraum sind durch Verbotsschilder zu untersagen.
( 5 ) Die Luftfeuchtigkeit im Archivraum soll 45 bis 55 % betragen. Sie ist durch Hygrometer zu kontrollieren. Schnelle Temperaturwechsel sind bei Lüftungsmaßnahmen zu vermeiden, um Kondenswasserbildung und Pilz- oder Bakterienbefall vorzubeugen.
( 6 ) Steht ein gesonderter Archivraum nicht zur Verfügung, so ist das Archivgut in besonders gesicherten Schränken unterzubringen, die nur für das Archivgut zu nutzen sind. Kirchenbücher und Archivgut von besonderem archivischen Wert sind in feuerhemmenden Schränken zu lagern.
#

§ 3
Behandlung des Archivguts

( 1 ) Das Archivgut ist vor der Einlagerung von Schmutz und Metallteilen zu befreien, in geeignete Archivhefter und Archivmappen einzulegen und in Archivkartons aufzubewahren. Das in Archivkartons aufbewahrte Archivgut und Bücher sind in Regalen, Karten in dafür geeigneten Schränken unterzubringen.
( 2 ) Durch Mikroorganismen befallenes Archivgut ist in Pergamin einzuschlagen und in Kartons gesondert zu lagern. Das Landeskirchliche Archiv ist zu unterrichten.
( 3 ) Für die Aufbewahrung von Archivgut auf maschinenlesbaren Informations- und Datenträgern sind in Verbindung mit dem Landeskirchlichen Archiv besondere Vorkehrungen zu treffen.
#

§ 4
Ordnung und Verzeichnung von kirchlichem Archivgut

( 1 ) Das Archivgut ist, getrennt nach Archivbeständen, in Absprache mit dem Landeskirchlichen Archiv zu ordnen und zu verzeichnen. Der Ordnung ist ein bestehender Akten- und Registraturplan zugrunde zu legen.
( 2 ) Das Ergebnis der Ordnung und Verzeichnung ist in einem Repertorium (Findbuch) niederzulegen, das neben dem Verzeichnis des Archivguts (Aktentitel, Laufzeit, Hinweise auf besonders bedeutsames Schriftgut) und einem Register auch Angaben über Art und Umfang der Ordnungs- und Sichtungsarbeit, insbesondere über die Kassation von Archivgut enthält.
( 3 ) Die Ordnung und Verzeichnung des Archivguts obliegt dem Eigentümer des Archivguts. Soweit er keine andere Regelung trifft, ist sie eine Aufgabe der Verwaltung oder Geschäftsführung, in Kirchengemeinden in der Regel des Vorsitzenden oder geschäftsführenden Mitgliedes des Gemeindekirchenrates.
( 4 ) Wenn die Geschäftsführung auf mehrere Personen verteilt ist, ist darauf zu achten, dass das Registratur- und Archivgut an einer Stelle (Gemeindebüro, Pfarramt) zusammengeführt wird.
#

II.
Archivpflegerinnen und Archivpfleger

###

§ 5
Bestellung

( 1 ) Zur Unterstützung der Kirchengemeinden und Kirchenkreise sowie des Landeskirchlichen Archivs in allen Angelegenheiten der Archivpflege im Kirchenkreis soll für jeden Kirchenkreis durch die Kreissynode nach Artikel 59 der Grundordnung in Absprache mit dem Landeskirchlichen Archiv eine geeignete Person als kirchliche Archivpflegerin oder kirchlicher Archivpfleger bestellt werden. Die Kirchenkreise können für ihren Bereich auch mehrere Personen für die Archivpflege bestellen. Die Bestellung kann zeitlich befristet werden.
( 2 ) Die Archivpflegerin oder der Archivpfleger soll Glied einer christlichen Kirche sein und über Kenntnisse der Kirchen-, Regional- und Lokalgeschichte verfügen.
( 3 ) Die beabsichtigte Bestellung einer Archivpflegerin oder eines Archivpflegers ist dem Landeskirchlichen Archiv rechtzeitig vom Kreiskirchenrat anzuzeigen. Das Landeskirchliche Archiv und das Konsistorium können gegen die Bestellung ungeeigneter Personen Einspruch erheben.
( 4 ) Über die Bestellung zur kirchlichen Archivpflegerin oder zum kirchlichen Archivpfleger stellt das Konsistorium eine Urkunde aus. Sie wird im Kirchlichen Amtsblatt mitgeteilt.
#

§ 6
Rechtsstellung

( 1 ) Das Amt der Archivpflegerin oder des Archivpflegers ist ein Ehrenamt.
( 2 ) Notwendige Auslagen für die Wahrnehmung der archivpflegerischen Aufgaben werden gegen Nachweis erstattet. Bei genehmigten Dienstreisen besteht gegen den Kirchenkreis ein Anspruch auf Reisekosten nach den für Pfarrerinnen und Pfarrer geltenden Bestimmungen. Der Kreiskirchenrat kann eine jährliche Pauschalentschädigung zur Abgeltung der Aufwendungen festsetzen.
( 3 ) Die Archivpflegerinnen und -pfleger haben Anspruch auf Versicherungsschutz in ihrer Tätigkeit, wie er ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg zusteht.
( 4 ) Archivpflegerinnen und Archivpfleger sind zur Verschwiegenheit über alle Angelegenheiten verpflichtet, die ihnen in Ausübung ihres Amtes bekannt werden und ihrer Natur nach oder auf besondere Anordnung vertraulich zu behandeln sind. Insbesondere sind Mitteilungen oder Handlungen zu unterlassen, aus denen dem Eigentümer des Archivguts in Rechtsangelegenheiten oder in sonstiger Weise Nachteile erwachsen können.
( 5 ) Archivpflegerinnen und Archivpfleger nehmen an Aus- und Fortbildungsmaßnahmen teil, die der Kirchenkreis oder die Landeskirche anbieten.
( 6 ) Die Archivpflegerin oder der Archivpfleger untersteht der Dienstaufsicht der Superintendentin oder des Superintendenten sowie der Fachaufsicht des Landeskirchlichen Archivs.
#

§ 7
Aufgaben der kirchlichen Archivpflegerinnen und Archivpfleger

( 1 ) Die Archivpflegerin oder der Archivpfleger nimmt im Einvernehmen mit den Kirchengemeinden, bei kreiskirchlichen Archiven im Einvernehmen mit dem Kirchenkreis, unter Anleitung durch das Landeskirchliche Archiv folgende Aufgaben wahr:
  1. Feststellung des im Dienstbereich vorhandenen kirchlichen Archivguts und Prüfung von Archiven:
    Dazu soll möglichst alle fünf Jahre jedes Archiv im Kirchenkreis, mindestens aber sollen zwei Pfarrarchive jährlich eingehend besucht und die vorgefundenen Archivbestände mit dem Verzeichnis über die letzte Bestandsaufnahme verglichen werden. Dabei soll besonders darauf geachtet werden, dass ein Findbuch vorhanden ist. Der Erhalt und die ordnungsgemäße Führung der Kirchen- und Amtsbücher sind zu kontrollieren. Das Landeskirchliche Archiv erstellt ein Muster für einen Besuchsbericht.
  2. Sorge für eine gesicherte Aufbewahrung des Archivguts:
    1. Befinden sich Pfarrarchive in ungeeigneten Räumen, so soll der Kreiskirchenrat gebeten werden, die Kirchengemeinde zur Bereitstellung eines geeigneten Raumes oder zur Abgabe der Archivalien an ein kirchliches Depositalarchiv zu veranlassen. Zugleich ist das Landeskirchliche Archiv auf die unzulängliche Aufbewahrung hinzuweisen.
    2. Die Verlagerung von Archivgut an einen anderen Ort bedarf der Genehmigung des Konsistoriums (§ 12 Abs. 4 ArchG). Sie ist zu überwachen.
    3. Insbesondere bei längeren Vakanzen soll die Archivpflegerin oder der Archivpfleger darauf achten, dass der Bestand des Archivs gesichert bleibt.
    4. Bei drohender Gefahr für das Archiv kann die Archivpflegerin oder der Archivpfleger die zur Sicherung und Bergung notwendigen Maßnahmen ergreifen. Der Träger des Archivs und das Landeskirchliche Archiv sind umgehend zu unterrichten.
  3. Veranlassung der sachgemäßen Ordnung und Verzeichnung des Archivguts:
    Archivpflegerinnen oder Archivpfleger sind nicht verpflichtet, die Archive im Kirchenkreis selbst zu ordnen. Sie sollen vor allem dazu anleiten und Rat erteilen.
  4. Förderung einer angemessenen Nutzung der kirchlichen Archivalien:
    Die Archivpflegerin oder der Archivpfleger soll die Kirchengemeinden bei der Betreuung der das Archiv benutzenden Personen und der Anwendung der Archivbenutzungsordnung und der Gebührenordnung beraten und wissenschaftliche Forschung in kirchlichen Archiven fördern.
  5. Prüfung von Gemeinde- und Pfarramtsregistraturen, Überwachung der Ordnung des kirchlichen Schriftguts, das für die laufende Arbeit benötigt wird (Registraturgut):
    Bei der Überprüfung der Registraturen ist insbesondere auf die Führung der Akten nach dem geltenden Aktenplan, auf die Anlage eines Aktenverzeichnisses sowie auf die Einhaltung des geltenden Aufbewahrungs- und Kassationsplanes zu achten.
    Ist in einer kirchlichen Körperschaft noch kein Archiv vorhanden, soll die Archivpflegerin oder der Archivpfleger die Überführung von Altregistraturen in ein gesondertes Archiv anregen und dies gegebenenfalls auch veranlassen.
( 2 ) Die Archivpflegerin oder der Archivpfleger wirkt bei Visitationen mit und visitiert im zeitlichen Zusammenhang mit der Visitation Verwaltungen und Archive der visitierten Körperschaften oder Arbeitszweige.
( 3 ) Bei Pfarramtswechseln ist die Archivpflegerin oder der Archivpfleger an der Übergabeverhandlung zu beteiligen. Das Pfarrarchiv ist an die Vakanzverwalterin oder den Vakanzverwalter oder die neue Stelleninhaberin oder den neuen Stelleninhaber zu übergeben. Darüber ist eine Niederschrift zu fertigen, in der die übergebenen Bestände festgehalten sind und erforderlichenfalls auf Fehlbestände gegenüber der vorhergehenden Bestandsaufnahme hingewiesen wird. Bei Dauervakanzen oder bei Aufhebung einer Pfarrstelle ist darauf zu achten, dass das Archivgut geschlossen in ein anderes Archiv überführt wird.
( 4 ) Die Archivpflegerin oder der Archivpfleger berichtet dem Kreiskirchenrat jährlich schriftlich über die Tätigkeit im Berichtsjahr. Das Landeskirchliche Archiv kann dazu ein Formular erstellen. Daneben berichtet sie oder er über bedeutsame Funde, vorgefundene Missstände insbesondere bei Visitationen und anlässlich von Besuchen in den kirchlichen Archiven und Bibliotheken des Kirchenkreises. Abschriften der Berichte erhält das Landeskirchliche Archiv. Der aus dem Amt erwachsende Schriftwechsel ist von der Archivpflegerin oder dem Archivpfleger geordnet aufzubewahren. Er ist Bestandteil der Akten des Kirchenkreises.
#

§ 8
Beendigung des Amtes

( 1 ) Das Amt der Archivpflegerin oder des Archivpflegers endet, wenn es zeitlich befristet war, durch Zeitablauf, sonst durch Niederlegung auf eigenen Wunsch oder durch Abberufung.
( 2 ) Die Niederlegung des Amtes soll mindestens drei Monate vorher schriftlich dem Kreiskirchenrat und dem Landeskirchlichen Archiv angezeigt werden.
( 3 ) Die Kreissynode, wenn diese nicht versammelt ist, der Kreiskirchenrat, kann die Archivpflegerin oder den Archivpfleger abberufen, wenn sie oder er den Aufgaben nicht ausreichend nachkommt oder gegen die in dieser Ordnung enthaltenen Vorschriften erheblich verstößt. Das Landeskirchliche Archiv ist zuvor zu unterrichten.
( 4 ) Bei Beendigung des Amtes ist die Urkunde über die Bestellung an den Kreiskirchenrat zurückzugeben, der sie an das Konsistorium weiterreicht.
( 5 ) Der gesamte Schriftwechsel und alles dienstliche Schrifttum ist geordnet und vollständig an die Nachfolgerin oder den Nachfolger oder, wenn darüber noch keine Entscheidung getroffen ist, an den Kreiskirchenrat zu übergeben. Darüber ist eine Niederschrift zu fertigen.
( 6 ) Die Beendigung des Amtes ist im Kirchlichen Amtsblatt mitzuteilen.
#

§ 9
Inkrafttreten

Diese Archivpflegeordnung tritt am 1. März 2002 in Kraft. Zugleich treten die Richtlinien für die Tätigkeit der kreiskirchlichen Archivpfleger im Bezirk des Evangelischen Konsistoriums Berlin-Brandenburg vom 13. Mai 1959 außer Kraft.